Zur Wirkung allgemein

Der
Schimmelreiter ist das mit Abstand meistgedruckte Werk Theodor Storms, auch zumal wegen der zahlreichen
Einzelausgaben, die von dieser Novelle im Laufe der Zeit erschienen. Bis zum Ende der Schutzfrist -
30 Jahre nach dem Tod des Autors - erreichte aber auch schon die Erstausgabe bei Paetel 20 Auflagen, zusätzlich zu den 26
Auflagen, in denen die achtbändige Ausgabe der 'Sämtlichen Werke' bei Westermann bis dahin herauskam.

Zu einer wahren Flut von Neudrucken kam es aber ab 1919. Schon in den 20er Jahren waren mehrere Dutzend neuer
Ausgaben auf dem Markt, und viele von ihnen waren auch illustriert. Die Gesamtzahl der Abbildungen
zum
Schimmelreiter beläuft sich auf einige Hundert, und dreimal überdies wurde die Novelle verfilmt. Bei der
Wiedergabe der Illustrationen musste aber natürlich ausgewählt werden. Einerseits wurde angestrebt,
möglichst viele der Szenen in Abbildungen zu erfassen, andererseits, möglichst viele auch der
Illustratoren einzubeziehen. Insgesamt sind rund 50 Bilder von 20 verschiedenen Illustratoren aufgenommen, und ihre Abfolge
gibt die Handlung der Novelle praktisch als Bildgeschichte wieder. Insofern eignet sie sich auch gut dazu, sich den Inhalt der
Geschichte rasch wieder vor Augen zu führen.

Aber auch didaktisch lässt sich von den Illustrationen Gebrauch machen. Es können an einzelnen Bildfolgen
ganze Handlungsteile abgefragt oder in ihrer Bedeutung für das Gesamtgeschehen erörtert werden. Die Bilder
z.B. zu den Abschnitten 8 (Eisboseln), 12 (Beerdigung und Hochzeit) und 23 (Sturmflut) würden sich dafür eignen.

Die Aussagekraft oder Angemessenheit der Illustrationen wird sicherlich nicht von allen gleich beurteilt werden - hier
kommt notwendig der Geschmack ins Spiel, über den sich bekanntlich nicht streiten lässt. Vielleicht ist aber
Übereinstimmung darin zu erzielen, dass die nur andeutenden Zeichnungen gegenüber den
vollständigeren den Vorteil haben, auch nicht so leicht zu Irritationen zu führen. So wird z.B. bei Storm niemals
über die Kleidung etwas gesagt, doch in den Verbildlichungen muss sie natürlich erscheinen. Je deutlicher sie nun
aber ausgeführt ist - egal, ob mehr dem 18. oder mehr dem 19. Jahrhundert zugehörend -, desto mehr kann man
ins Grübeln geraten, ob sie passt.
Irgendwelche vagen Konturen stören da bei weitem weniger. Das ist überhaupt eine Erkenntnis, die man im
Vergleich von Text und Bild gewinnen kann: dass Texte die Außenseite der Erscheinungen nur in ganz wenigen
Zügen erfassen und der Fantasie hier viel überlassen, während Bilder die Außenseite
notwendig zeigen, aber in der Auslegung des dargestellten Momentes größeren Spielraum bieten. Schon
Lessing hat in seinem 'Laokoon' (1766) diesen Sachverhalt mustergültig analysiert.

Ein Wirkungszeugnis des 20. Jahrhunderts stellen auch noch die drei Verfilmungen dar. Sie werden am Ende
dieser Ebene, in den Erläuterungen zum 24. Abschnitt, vorgestellt und mit jeweils einem kurzen Szenenausschnitt
dokumentiert.