[Abschnitt 3]
... und ließ den Hof unter der Aufsicht des früheren Bauknechtes Marten ...
Bauknecht = niederdeutsch 'Buknecht', ein Großknecht mit den Aufgaben eines Verwalters.
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... die goldenen Schaumünzen ... oder oben auf dem Aufsatz der Schatulle die beiden Pagoden von chinesischem Porzellan ...
Schaumünzen = Medaillen, Gedenkmünzen.
Pagoden = Nippesfiguren von chinesischen Götzen, oft mit beweglichen Händen und Köpfen, ebenfalls eine Rokoko-Mode.
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Am Tage darauf ... hielt dann die schwere Klosterkutsche vor unsrer Haustreppe ...
Klosterkutsche = keine bestimmte Kutschenart, sondern wahrscheinlich die Mietkutsche eines Klosters
(der Begriff wird nicht nur von Storm, sondern auch z.B. 1849 von Justinus Kerner in seinem 'Bilderbuch aus meiner
Knabenzeit' gebraucht).
Wenn dann die Enveloppen und Tücher abgelegt waren ...
Enveloppen = Überkleider (franz.), also Umhänge, Tücher u.a.
... und erhielten unsern Anteil an den 'Eiermahnen' und 'Bieschen' ...
'Eiermahnen' und 'Bieschen' = Gebäckbezeichnungen, vielleicht 'Eiermonde' und 'Biskuit-chen'.
... als sei ich niemals unglücklicher in den Versuchen gewesen, meinen Kaffee aus der Ober- in die Untertasse umzuschütten.
Ober- und Untertasse = Mit dem Umschütten in die tiefe Untertasse wurde der Kaffee abgekühlt
und aus dieser - wie aus einer Schale - auch getrunken. Das Zeremonielle daran hatte seinen Grund vor allem in der Kostbarkeit
des Kaffees: mehr als eine Tasse wurde oft nicht ausgeschenkt. Mit der zunehmenden Üblichkeit des Kaffeetrinkens verlor
sich dieser Brauch und die Untertasse wurde ein flacher Teller.
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... die föhrenen Tische waren gescheuert ...
föhrene Tische = Tische aus Fichten- oder Kiefernholz.
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"Willst du nicht kommen, Marx?", fragte sie
endlich, "Großmutter hat gesagt, wir sollten einmal die Menuett wieder miteinander üben." Wir hatten
... diese altfränkischen Künste ... mit besonderer Sorgfalt eingeübt.
die Menuett = heute: das Menuett, ein im 17. Jahrhundert in Frankreich
aufgekommener Gesellschaftstanz in langsamem Dreivierteltakt, der bis ins 19. Jahrhundert hinein regelmäßig am
Anfang eines Tanzabends stand. Nach unseren Begriffen handelte es sich dabei allerdings weniger
um einen Tanz als um eine Tanzvorführung, da immer nur ein Paar tanzte und danach zur Seite
trat, um dem nächsten Paar Platz zu machen. Die einzelne Tanzsequenz dauerte nur zwischen
einer und zwei Minuten. Das Paar verneigte sich zunächst vor den Anwesenden und absolvierte
dann teils neben-, teils miteinander verschiedene Figuren, bei denen es hauptsächlich
auf die zierliche Setzung der Füße, elegante Verbeugungen und Knickse und ein gefälliges
Durchschreiten der Tanzfläche ankam. Der Vorschrift nach musste sich das Paar dabei so bewegen, dass die
Schrittfolge ein "Z" oder umgekehrtes "S" ergab.
Demonstration eines Menuetts durch Paige Whitley-Bauguess (New Bern, USA)
altfränkisch = altmodisch, - mehr ein Urteil aus der Mitte des 19. Jahrhunderts als eins der Handlungszeit.
... ich machte mein Kompliment, wie der Tanzmeister es mich gelehrt hatte ...
Kompliment = zeremonielle Verneigung.
... da glitten die kleinen Füße in den Korduanstiefelchen über den Boden ...
Korduan = weiches Ziegenleder.
... während wir hin und her chassierten ...
chassieren = Tanzbewegung in gerader Linie.
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Ich avancierte; aber Anne Lene kam mir nicht entgegen ...
avancieren = Tanzbewegung auf die Partnerin zu.