Die Lage des Gutshauses mit der Parkseite hin zu einem nördlich sich anschließenden kleinen See ergibt sich daraus, daß die Eingangsseite des Hauses - zur Dorfstraße hin - nach Süden ausgerichtet ist. Es fiel heller Sonnenschein auf die mittagsstille Dorfstraße, während nach der Park- und Gartenseite hin ein rechtwinklig angebauter Seitenflügel einen breiten Schatten erst auf einen weiß und grün quadrierten Fliesengang (und dann auf ein Rondell) warf. ... Fronthaus, Seitenflügel und Kirchhofsmauer bildeten ein einen kleinen Ziergarten umschließendes Hufeisen, an dessen offener Seite man eines Teiches mit Wassersteg und angekettetem Boot ... gewahr wurde ... (Kapitel 1, Absatz 1)Da es am Vormittag ist - erst später läutet es zu Mittag -, muß sich der schattenspendene Seitenflügel an der Ostseite des Hauses befinden. Über seine Größe ist direkt nichts gesagt, aber aus der Angabe, daß vom Rondell aus "einige zwanzig Schritte weiter, in Richtung und Lage genau dem Seitenflügel entsprechend", die Kirchhofsmauer verläuft, ergibt sich eine Hofweite von 30 bis 40 Metern, die wiederum die übrigen Proportionen andeutet. Sie entsprechen in dieser Form auch den tatsächlichen Abmessungen märkischer Herrenhäuser. Die Größe des 'Teiches' ist unbestimmt, doch läßt ein Steg mit einem Ruderboot, in dem ohne weiteres vier Mädchen Platz finden, auf ein nicht so ganz kleines Gewässer schließen. Der Teich, wie er angesichts der Größe brandenburgischer Seen gleichwohl nur bezeichnet wird, sollte also auch an das Dorf angrenzen. Nicht zu dieser Größenbestimmung passt es allerdings, wenn Effi beim Versteckspielen beabsichtigt, zunächst um den Teich zu laufen und dann - "mit einem weiten Umweg um Kirchhof und Fronthaus" - wieder bis an den Seitenflügel und seinen Freiplatz zu kommen, zumal sie, "ehe sie noch halb um den Teich herum war", vom Haus her ihren Namen rufen hört und ihre Mutter mit dem Taschentuch winken sieht. (Kapitel 2, Absatz 9) Der Teich wäre dann für ein Ruderboot zu klein, und dies erst recht, wenn sie schon "einen Augenblick später" wieder bei der Mutter steht. Unstimmig ist hier aber auch, dass sie sich einerseits noch in Rufweite befindet und andererseits ein Winken mit dem Taschentuch notwendig ist. |
Über das Dorf ist so gut wie gar nichts gesagt. Immerhin hat es eine eigene Pfarrstelle und eine Schule - es sind die Töchter des Pastors Niemeyer und des Kantors wie Lehrers Jahnke, mit denen Effi befreundet ist. In 'Pfarre und Schule' bereitet man sich auf Effis Hochzeitsfeier vor (Kapitel 4, Absatz 6), und die Schuljugend ist sogar zahlreich genug, dass Jahnke am Sedantag einen lärmenden Aufmarsch mit ihr veranstalten kann (Kapitel 4, Absatz 15). Ebenso lässt die Tatsache, dass der Wetterhahn auf der Kirchturmspitze 'neuerdings wieder' - und also nicht zum ersten Mal - frisch vergoldet worden ist, auf eine nicht ganz unbedeutende Gemeinde schließen. Dass Hohen-Cremmen sogar einen Nachtwächter hat - "der alte Nachtwächter Kulicke rief die Stunden ab", heißt es Kapitel 24, Absatz 109 -, ist allerdings kaum noch verhältnisgerecht, da daraus schon auf eine kleine Stadt geschlossen werden müsste. Der Verkehr der Briests mit den Dorfbewohnern beschränkt sich allerdings, wie auch am Ende noch einmal gesagt wird, auf 'Schulhaus und Pfarre' (Kapitel 34, Absatz 22), alle weiteren gesellschaftlichen Kontakte finden mit Familien aus dem Umland oder aus Rathenow statt. Nicht ausgestattet ist Hohen-Cremmen mit einem eigenen Postamt, es ist der 'Friesacker Poststempel', mit dem Effi ihre Briefe von dort erhält (Kapitel 22, Absatz 13). Vater Briest kann jedoch in der Nähe ein Telegramm aufgeben - für sein "Effi komm" am Ende bedarf es offenbar keines weiten Weges (Kapitel 34, Absatz 17). So wird das Dorf wenigstens eine Poststelle mit einem Telegraphen haben. |
Als Effi am Schluss ihre Spaziergänge in der Umgebung des Gutshauses macht, vermeidet sie die "kleinen Waldpartien" und wählt meist die große, zunächst von uralten Rüstern und dann, wo die Chaussee begann, von Pappeln besetzte große Straße, die nach der Bahnhofsstation führte, wohl eine Stunde Wegs. (Kapitel 36, Absatz 1)In Kapitel 24, Absatz 109, wird erwähnt, dass der Zug "auf eine halbe Meile Entfernung" an Hohen-Cremmen vorüberfährt, also in etwa vier Kilometern Abstand und mithin die eine Wegstunde entfernt, die Effi bis zum Bahndamm braucht. Die Wegrichtungen nach Friesack und Schwantikow ergeben sich als Alternativen zu der Straße, die zur Bahnstation führt. |